Komm nach Möwenitz, verlieb dich im Leuchtturm und verschenk dein Herz an einen flauschigen Vierbeiner!
Ein verträumter Küstenort an der Ostsee mit liebenswerten Bewohnern – das ist Möwenitz. Auf einer idyllischen Landzunge wartet ein Leuchtturm auf Gäste, die in luftiger Höhe ihren Urlaub genießen wollen. So nah am rauen Meer, an Wind, Wolken und Lachmöwen gerät manch einsames Herz in Aufruhr. Denn auch die Liebe spielt in Möwenitz eine große Rolle.
Wer der Liebe auf die Sprünge hilft? Ein winterliches Kaninchen namens Stormy, eine eigensinnige Katze namens Tiki und weitere Liebesboten auf vier Pfoten!
Winterküsse im Leuchtturm
Ein Leuchtturm als Rettung für Weihnachtsmuffel Mona? Leider wartet dort eine fiese Glitzerüberraschung auf sie …
Endlich Urlaub! Wochenlang musste Mona im Engelskostüm neben dem Kaufhaus-Weihnachtsmann stehen und sich mit Jingle Bells beschallen lassen. Doch jetzt beginnt die weihnachtsfreie Zeit! Mit einer Ladung Actionfilme im Gepäck fährt sie an die Ostsee, wo sie sich eine Ferienwohnung im Leuchtturm gemietet hat. Nicht einmal der Schneesturm kann ihre Freude auf eine Woche ohne Glitzerdeko trüben.
Um so entsetzter ist sie bei der Ankunft: Im Leuchtturm gibt es einen zweiten Mieter, Kai. Und der ist ausgerechnet ein Fan von Lichterketten, Glühwein und Last Christmas!
Da der Schneesturm sie beide an den Leuchtturm fesselt, müssen sich die Streithähne wohl oder übel arrangieren. Die Rettung eines verletzten Kaninchens lässt Mona umdenken. Ist Kai vielleicht doch ein kleines Weihnachtswunder für ihr Herz?
Romantisch, witzig, zum Träumen und Wohlfühlen. Komm mit nach Möwenitz, verlieb dich im Leuchtturm und verlier dein Herz an einen flauschigen Liebesboten.
In sich abgeschlossen, mit viele Liebe und Humor, ein Wohlfühlroman, der perfekt zu Glühwein, Zimtsternen und gemütlichen Leseabenden passt.
Viel Spaß!
Ab Ende Oktober 2023 erhältlich als eBook, Taschenbuch und Hörbuch!
Leseprobe:
1. Die lustigen Lerchen
„Da bist du ja endlich, Mona! Jetzt gib aber mal Gas“, begrüßte mich meine Kollegin Jessica, als ich um kurz vor zehn Uhr morgens in die Personalumkleide rauschte.
Im Gegensatz zu mir, die ich meinen dicksten Steppmantel, Winterstiefel und einen Rollkragenpulli trug, stand sie in einem knallroten, sexy Engelskostüm samt Flügelchen vor mir. Das Schlimme dabei war, dass ein weiteres dieser Kostüme noch an einem Haken hing. Und darauf wartete, dass ich hineinschlüpfte.
„Die blöde Bahn hatte wieder mal Verspätung“, schimpfte ich und vergaß zu erwähnen, dass ich mich erst beim dritten Weckergebimmel aus den Federn gewälzt und dadurch eine Viertelstunde verloren hatte. Schuld war natürlich nur Pro 7, weil die gestern Abend ein Special mit den drei erfolgreichsten Bruce Lee-Filmen ausgestrahlt hatten.
„Die Bahn, soso.“ Jessica grinste. „Du schiebst ganz schön viel auf die Verkehrsbetriebe. Womöglich war ja ein ganz anderer Verkehr daran schuld, dass du so übernächtigt aussiehst?“
Sie zwinkerte mir vielsagend zu.
„Da liegst du total falsch. Mit Freddy ist es längst aus“, erwiderte ich, während ich mich in Windeseile aus meinen Klamotten schälte, mich ins knappe Kostüm presste und mir die blonde Rauschgoldengelperücke über die Haare stülpte.
„Und kein Neuer in Sicht?“ Sie tupfte Lipgloss auf ihren einladenden Himbeermund.
„Nope. Und ich will auch keinen. Mein einziges Ziel ist die Bude, die mir gehört. Und zwar eine völlig männerfreie! Nur ich, meine Stereoanlage, DVD-Sammlung und ein kleiner Balkon samt drei Hanfpflanzen, damit ich unseren Radetzky besser ertragen kann.“
Jessica lachte hell. „Der wird uns gleich zur Minna machen, wenn wir nicht um Punkt zehn Uhr neben dem Weihnachtsmannthron stehen. Los, leg einen Zahn zu!“
„Bin doch gleich fertig.“ Ich zog den Reißverschluss zu, während ich in die silbernen Pumps stieg, die das Engelskostüm vervollständigten. Anschließend sprintete ich, so schnell das Kostüm und die High Heels es zuließen, durch die Parfümerieabteilung und an den Schmuckvitrinen entlang, bis ich hinter Jessica die zauberhafte Weihnachtslandschaft, wie es im Prospekt unseres Hauses hieß, erreicht hatte.
Dort thronte Herbert bereits in seinem Sessel. Herbert war eigentlich Hausmeister hier im Kaufhaus Wenzel, aber dank seines Rauschebartes hatte ihn unser Geschäftsführer kurzerhand zum Weihnachtsmann auserkoren. Herbert ging total auf in seiner Rolle. Er liebte es, sich die Wünsche der Kinder anzuhören, sich mit einem Baby auf dem Schoß fotografieren zu lassen und sich von den Kolleginnen aus der Feinkostabteilung mit Heidelbeerglühwein samt Zimtsternen vollstopfen zu lassen, bis sein Kostüm über dem Keksbauch spannte.
„Da seid ihr ja, meine Engelchen“, rief er uns zu und schenkte uns ein strahlendes Lächeln.
„Immer zur Stelle, Herr Nikolaus“, neckte ich ihn. Ich war als Kind mal in Bayern gewesen und kannte die Bräuche dort. Herbert hingegen war Hannoveraner durch und durch. Er hasste alles Bayrische, insbesondere den FCB, denn er war glühender Hannover 96-Fan, egal, in welcher Liga die Jungs kickten.
„Ich geb dir gleich einen Nikolaus“, brummte er, aber seine Augen lachten.
Herbie war echt in Ordnung. Ich hatte den bärtigen Kerl schon immer gerngehabt und gönnte es ihm von Herzen, dass er hier in Wenzels Winter-Weihnachts-Wonderland jeden Tag einen ganz großen Auftritt hinlegte.
Ich hingegen hasste es. Nicht nur dieses peinliche Engelskostüm ging mir höllisch auf den Zeiger, auch die unerträglich süßliche Berieselung mit Schneeflöckchen, Weißröckchen oder Last Christmas brachte mich fast um den Verstand. Vom Geruch nach Glühwein, gerösteten Mandeln und frischen Vanillekeksen, die den Familien die Wartezeit in der Schlange vor dem Weihnachtsmann versüßen sollten, ganz zu schweigen.
„Anpfiff!“, kommentierte Jessica trocken das Öffnen der Kaufhauspforten. Wie jeden Tag in der Adventszeit standen die Kunden bereits vor zehn Uhr an den Türen und stürmten herein, sobald diese sich auftaten.
Da bereits die ersten Mütter mit ihren Sprösslingen auf die Winterlandschaft mit ihrem künstlichen Schnee, den Plüsch-Rentieren und den bunten Tannenbäumen zustürmten, nahmen Jessica und ich unsere Positionen als flankierende Engel neben unserem Santa Claus namens Herbert ein.
Dass wir blonde Engelslocken tragen mussten, konnte ich gerade noch verstehen. Aber wieso man uns ausgerechnet in Minikleidchen und High Heels stecken musste, war mir ein Rätsel. Ich vermutete, dass unser Geschäftsführer Rainer Rambowsky damit männliche Kundschaft ins Wenzel locken wollte. Wahrscheinlich hatte er penibel darauf geachtet, dass unsere Kleider mehrere Zentimeter kürzer waren als die der Engel im KaDeWe, seinem großen Vorbild. Er träumte garantiert jede Nacht davon, endlich mit dem berühmten Kaufhaus mithalten zu können. Das Wenzel war zwar ebenfalls riesig und das beliebteste Kaufhaus in Hannover, hatte aber längst nicht den Kultstatus des Kaufhaus des Westens, das man zudem über die Grenzen Berlins hinaus kannte.
Und da kam er auch schon angewackelt, der Herr Rambowsky. Wie immer in einem Designeranzug aus unserer Herrenmodeabteilung samt seidenem Einstecktuch und gestreifter Krawatte. Intern hatte sich der Name Herr Radetzky eingebürgert, weil er uns Mitarbeitern gern den Marsch blies. Wenn ihm das jemals ein Kollege flüstern sollte, würde es sicher Tote geben. Denn Rambowsky-Radetzky war eitel, ehrgeizig und komplett humorlos.
Ich setzte ein engelsgleiches Lächeln auf und kontrollierte eilig den Sitz der Flügelchen am Rückenteil meines Kleides. Das Lächeln rutschte mir allerdings aus dem Gesicht, als ich entdeckte, wer hinter ihm her watschelte.
„Das kann nicht sein Ernst sein“, japste ich und sah Jessica hilfesuchend an. „Bitte sag, dass das nicht wahr ist!“
„Heilige Scheiße“, entfuhr es ihr. Was zwar nicht recht zu dem aus allen Lautsprechern erklingenden Stille Nacht, heilige Nacht passen wollte, aber äußerst treffend war.
Hinter unserem Chef trabte nämlich eine Horde Kinder im Vorschulalter heran, und zwar angeführt von einer streng dreinblickenden Frau mit einem Schild, auf dem in bunten Lettern Die lustigen Lerchen stand.
„Er schleppt uns einen Kinderchor an?“ Ich konnte es kaum fassen. Natürlich hatte ich nichts gegen singende Kinder, ganz im Gegenteil. Mit der Tochter meiner Cousine trällerte ich gern den Titelsong ihrer Lieblingsserie Bibi und Tina, das fand ich wirklich wunderbar. Aber just diesen Lerchen-Chor hatte ich schon mal auf einem Weihnachtsmarkt erlebt und war immer noch traumatisiert. Die Leiterin hatte damals lauter Lieder ausgesucht, die viel zu schwierig für die Drei-Käse-Hochs gewesen waren, außerdem hatte es Blockflöten gegeben. Sehr viele Blockflöten. Sehr viele ungestimmte Blockflöten.
Ich war echt kein Musikprofi und hörte für mein Leben gern richtig rockige Nummern von Metallica, Linkin Park oder Black Sabbath. Selbst der gute alte Alice Cooper durfte gerade in der Adventszeit nicht fehlen. Aber diese Flöten hatten sogar meinen abgehärteten Ohren teuflisch zugesetzt.
„Der Kinderchor wird ein paar Stunden lang für weihnachtliche Stimmung sorgen“, erklärte Rambowsky stolz. „Erfahrungsgemäß kurbelt so etwas den Umsatz gewaltig an. Und wir können das Wenzel noch besser als familienfreundliches Haus präsentieren, das so viel mehr ist als nur ein Ort zum Shoppen.“
Sein glattrasiertes Gesicht strahlte mit seinen polierten Schuhen um die Wette.
Meine Fresse, dieser Kerl regte mich auf! Männer in Anzügen fand ich ja generell schon abtörnend. Ich mochte viel lieber coole Motorradfahrer mit Dreitagebart, Lederjacke und dem leisen Duft nach Whisky als einen Managerschnösel in Parfümwolke. Wenn ein Kerl dann aber noch so hochgestochen daherlaberte wie der Radetzky, war alles zu spät.
Doch natürlich riss ich mich zusammen. Erstens wollte ich meinen Job als Verkäuferin in der Abteilung für Unterhaltungselektronik gerne behalten. Und zweitens hatte er mir für den Sondereinsatz als beflügelter und miniberockter Engel eine saftige Bonuszahlung versprochen, die ich gut gebrauchen konnte. Ich sparte nämlich seit Jahren wie verrückt darauf, mir irgendwann mal eine kleine eigene Wohnung kaufen zu können. Es gab Ecken in Hannover, wo so etwas selbst mit dem Gehalt einer Fachverkäuferin möglich war – mit viel Glück und eisernem Sparwillen. Plus der kleinen Erbschaft einer Großtante als Startkapital.
„Oh, wie schön!“, rief Herbert unter seinem buschigen Weihnachtsmannbart hervor. „Meine Enkel singen auch in einem Chor. Stellt euch nur alle hier neben mir auf.“
Er strahlte wie ein rotwangiger Maikäfer und deutete auf die Seite, an der ich herumlungerte.
Da ich ein positiver Mensch war – zumindest außerhalb der Adventszeit – lächelte ich die Kinder an und redete mir ein, dass die Chorleiterin heute bestimmt eine bessere Liedauswahl getroffen hätte. Und dass die Kids doch sicher ohne Flöten hierher gekommen waren.
Doch da zogen die Mädchen in der ersten Reihe bereits bunte Plastikteile mit Löchern aus ihren mitgebrachten Lillifee-Rucksäcken. Sie schoben das Mundstück auf die Flöten, verzichteten auf das Stimmen derselben und bliesen auf Anweisung der Chorleiterin zum Angriff.
„Einfach herrlich!“, freute sich Rambowsky lautstark, während nun auch der Chor einsetzte und eine mehrstimmige Version von Es ist ein Ros‘ entsprungen anstimmte, die sämtlichen Kindern ungefähr eineinhalb Oktaven zu hoch war.
Eine Gänsehaut lief meinen Engelskörper rauf und runter, allerdings nicht, weil ich so ergriffen war.
„Wie lange singt der Chor hier?“, fragte ich den Chef über die zweite Strophe hinweg.
„Bis in den Nachmittag hinein“, erwiderte er stolz. „Allerdings mit Pausen. Die Kinder werden aufs Beste versorgt mit Kinderpunsch und Lebkuchen. Sie dürfen sich natürlich auch einen nehmen.“
Er nickte mir zu und erwartete sicher ein riesiges Dankeschön.
„Wie lieb von Ihnen“, presste ich hervor, würde aber jetzt, am neunzehnten Dezember, mein linkes Bein abgeben, wenn ich dafür hier im Weihnachtsreich eine Grillstation mit Pfefferwürsten samt Chilisoße bekommen könnte.
Da ich jedoch superprofessionell war, setzte ich mein freundlichstes Gesicht auf und wandte mich wieder den Wartenden zu. Ich winkte ein schüchternes Mädchen heran, das neben seiner Mutter ganz vorn in der Schlange stand.
„Komm ruhig näher“, sagte ich der Kleinen, die einen süßen, dunklen Lockenkopf und riesige Augen hatte. „Und erzähl dem Weihnachtsmann deine Wünsche.“
Sie war vielleicht fünf Jahre alt, schätzte ich, und hielt mir einen Zettel entgegen, auf den sie eine Puppe gemalt hatte. „Ich trau mich nicht recht“, sagte sie mit gesenktem Blick. „Kannst du ihm nicht den Zettel geben? Damit ich dann die Baby born kriege. Die mit dem Fläschchen, die auch Pipi macht.“
„Plus Windel und Töpfchen, nicht wahr?“, fragte ich, denn obwohl ich normalerweise Fernseher und HiFi-Anlagen verkaufte, war ich mittlerweile zur Spezialistin für Barbie, Bobby Car und Bob der Baumeister geworden.
„Das wäre prima“, hauchte sie.
„Komm, wir geben ihm den Zettel gemeinsam.“
Mit einem aufmunternden Lächeln nahm ich die Kleine an der Hand, gab ihrer Mutter ein Zeichen, mitzukommen, und ging mit ihr zu Herbert. Dem teilte das Mädchen schließlich mit bebender Stimme seinen Weihnachtswunsch mit. Herbie nickte dem Kind zu, schenkte ihm einen Schokololli und versprach hoch und heilig, sich persönlich um den Wunsch zu kümmern.
Sie strahlte so sehr, dass mir das Herz aufging. Ich war zwar überzeugter Single, hatte weder Lust auf eine Beziehung noch darauf, mich mit irgendeinem Typen fortzupflanzen, aber Kinder berührten mich immer ganz tief. Insbesondere, wenn sie keine Blockflöte in der Hand hielten.
„Wird sicher ein tolles Weihnachten für dich“, flüsterte ich der Kleinen zu, als sie mit ihrer Mutter den Rückweg antrat, und strich ihr kurz über die Locken.
Ein kleiner Stich in meiner Brust erinnerte mich an meine eigenen Weihnachten als Kind. Leuchtende Augen und ein fröhliches Miteinander hatte es in meiner Familie an den Feiertagen nie gegeben, ganz im Gegenteil. Schnell schob ich diese unerfreuliche Erinnerung beiseite. Die Mutter des kleinen Mädchens würde ganz gewiss dafür sorgen, dass es ein perfektes, harmonisches Fest würde. Das konnte ich deutlich fühlen.
Die angehende Puppenmama drehte sich zu mir um und musterte mich mit ihren riesigen Kinderaugen ganz genau. „Danke. Du bist ein total schöner Engel“, sagte sie ernst.
Das ging mir richtig nah. All der Stress, die nervenaufreibende Lautsprecherberieselung und auch mein lästiger Chef waren auf einmal vergessen. Wenn die Knirpse voller Ehrfurcht dem Weihnachtsmann gegenüberstanden, mit roten Wangen und leuchtenden Augen, wurde es mir ganz warm in der Brust. Und dann war es für kurze Momente auch gar nicht mehr schlimm, mit peinlichen Silberpumps und Rauschgoldengel-Haaren neben einem bärtigen Hausmeister herumzustehen. Wir machten Kinder glücklich, das gab dem ganzen Zinnober ein wenig Sinnhaftigkeit.
„Frau Schwartz!“, zischte mir jemand vorwurfsvoll zu. Jemand, den ich sofort als meinen Boss identifizieren konnte, sogar am tonlosen Zischen.
Ich fuhr herum und sah ihn fragend an. Mit streng erhobenen Augenbrauen deutete er auf den Stapel Prospekte, der neben mir auf einem Stuhl lag.
Verflixt! Ich hatte vor lauter Entzückung über das niedliche Mädchen total vergessen, der Mutter einen bunten Werbezettel unserer Spielwarenabteilung in die Hand zu drücken.
Rambowsky war mit der Zischerei noch nicht fertig. „Glauben Sie, ich bezahle Sie zum Spaß? Diese ganze teure Aufmachung in unserem Weihnachts-Wonderland dient dem Umsatz! Aber der steigt nur, wenn Sie die Kunden gefälligst auch zum Kaufen anregen. Und zwar, indem Sie ihnen die passenden Prospekte überreichen.“
Um seinen Anpfiff zu verstärken, drückte er mir einen ganzen Packen Puppenbroschüren in die Hand.
„Tut mir leid“, nuschelte ich kleinlaut. „Wird nicht wieder vorkommen.“
„Das will ich Ihnen auch raten, Frau Schwartz! Sonst muss ich Ihren Bonus wohl kürzen.“
Er zupfte sich einen Fussel vom makellosen Sakko, warf mir einen warnenden Blick zu und marschierte davon wie ein hutloser Napoleon.
„Das kann er doch nicht machen, oder?“ Unsicher wandte ich mich Jessica zu, die das Ganze natürlich mitbekommen hatte. Ich brauchte das versprochene Geld doch!
Sie zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich denke, er blufft nur. Aber ein Idiot ist er trotzdem.“
Da hatte sie absolut recht. Eilig ging ich zurück zum Weihnachtsmannsessel, lächelte den nächsten Familien brav zu und drückte den Eltern selbstverständlich sämtliche Prospekte in die Hand, die nur annähernd mit den Wünschen ihrer Kinder zu tun hatten. Ich verhielt mich wie der freundlichste aller Engel, verwandelte mich in ein himmlisches Marketinggenie und gab vielen Müttern zusätzliche Geschenketipps für ihre Männer, Brüder und Schwiegerväter – meist in Form von Produkten aus meiner Elektronikabteilung.
Ja, ich gab mir allergrößte Mühe, dass das Wenzel beim Weihnachtsgeschäft die Konkurrenz vom KaDeWe geradezu pulverisieren würde. Und ich verzog nicht mal die Miene, als Die lustigen Lerchen eine deutsche Version von Mariah Careys All I want for Christmas anstimmten und zu den windschiefen Blockflötenklängen aus voller Kehle trällerten: „Mach meine Wünsche waaaahr, ich will zu Weihnacht ’n neues Bobby Caaaar.“